Generation Y als Hotdog-Würstchen. Eine Skizze.

am Montag, 26 Januar 2015.

Abgesehen von über 10 Jahren voller Hymnen auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Mainstreams der Angehörigen dieser Alters- und Milieukohorte und abgesehen davon, dass seit etwa 3 Jahren Ernüchterungserfahrungen und in diesem Sinn für alle Beteiligten wertvolle Ent-Täuschungen es ermöglichen, Ypsiloner effektiv zu fordern und fördern – abgesehen davon ist ein Aspekt bis dato komplett vernachlässigt: ihre Position zwischen Führenden der vor- und den Mitarbeitenden der nachgängigen Generation (Babyboomer und Generation Z bzw. „Generation Game“).

Die Ypsiloner - inzwischen bis Mitte dreißig Jahre alt - werden von zwei Seiten mit unterschiedlichen bis konträren Haltungen und Werten, Ansprüchen und Forderungen konfrontiert: Von den Führenden, die in der Regel der Generation der Babyboomer angehören, und von Vertretern der „Generation Z“ bzw. „Generation Game“, den ab den 1990er Jahren Geborenen, die allmählich, als Auszubildende und Trainees, in die Unternehmen spazieren.

Die Führungskräfte verlangen Verhaltensweisen, die geeignet sind, als zielführender Beitrag zum nachhaltigen Unternehmenserfolg bewertet zu werden, vor allem fachliche Kompetenz(erweiterung), Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit, Verantwortungsübernahme und Entscheidungsfreude in komplexen Situationen. Dies gilt für Beiträge in der Funktion der Ypsiloner als Experten als auch in der Funktion der Mitarbeiter-, Teamführung.

Die Jüngeren fordern spielerisches Edutainment, Infotainment, spielerisches Lernen via Serious Games in unterschiedlichen Varianten und via Gamfication.

(Exkurs: Das ist aus ihrer Sozialisationserfahrung nur folgerichtig. Denn typischerweise sind sie mit Games unterschiedlicher Genre aufgewachsen, durch sie maßgeblich sozialisiert: digital bis hin zu Pervasive Games, einschließlich Anreicherungen um Alternate Reality und Augmented Reality. Gaming-Edutainment und Gamification finden sich in der Betreuung von Kleinstkindern, in Kita, Schulen, Berufsvorbereitung, Ausbildung, Universität bis hin zu Unternehmen. Das spezielle psychologische Game-Design sorgt dafür, dass die Heranwachsenden und jungen Erwachsenen ein Gehirn ausbilden, das der Gaming- und gamifizierten Welt optimal angepasst ist. Ganz gemäß dem empirisch validierten Grundsatz, dass Erfahrungen Fertigkeiten ausbilden und entsprechende neuronale Verknüpfungen.)

Das Problem für die Ypsiloner hat zwei Facetten. In knappen Stichworten:

Facette 1: Selbst wenig resilient (Helicopter-, Curling-Eltern, Trophy Kids, histrionischer Persönlichkeitstypus), risikoaversiv und Suchmaschinen-Kinder (Wissen finde ich, wenn ich es brauche) und schon deutlich weniger als in den vorgängigen Generationen dazu erzogen, selbstständig Kenntnisse anzueignen, zu verarbeiten, Zusammenhänge herzustellen sowie selten bereit, verbindliche Entscheidungen zu treffen und sich die Folgen zuzurechnen (vgl. Sherry Turkle), werden sie als Experten und vorzugsweise als junge Führungskräfte (Projektleiter, Linie) von ihren Vorgesetzten dazu angehalten, unternehmerisch zu agieren. Und das ist, um zwei Beispiele mit Hebelwirkung zu nennen, verknüpft mit der Bereitschaft und Fertigkeit zu Machthandeln (asymmetrische Interaktion, Entscheidungshoheit und –notwendigkeit, auch gegen Mitarbeiterwünsche); ferner mit der Bereitschaft und Fertigkeit zu autoritativem Wirken (als Option, wenn Partizipation im Namen demokratischen Führens leerläuft).

Facette 2: Die Gamesozialisierten verlangen neben „Spaß“ am Arbeitsplatz und in der Tätigkeit die Option, spielerisch agieren und experimentieren zu können, konkret: jene Bedingungen vorzufinden, die der Psycho-Logik des Spiel-Designs entsprechen. Dazu gehören vor allem Spannung, Chancen auf Epic Win und andere Belohnungen, einfache, klare Regeln, erreichbare, erfolgssichere Ziele, unterteilt in Etappensiege, Instant- und Permanent-Feedback und die Logik sukzessiver, mit individuellen Lernfortschritten verwobene Zunahme des Schwierigkeitsgrades von Aufgaben; ferner eine social community, soziale Vergleichsoptionen und die Möglichkeit des Resets, ein Reentry auf einem niedrigeren Level oder in der Form eines neuen Beginns (versus Pfadabhängigkeit und Resilienzanforderungen).

Bereits diese Skizze demonstriert: Die Ypsiloner, insbesondere in Leitungsfunktionen, sind konfrontiert mit:

  • prinzipiell divergenten Anforderungen
  • einem Loyalitätskonflikt: zu ihren Vorgesetzten als deren Mitarbeiter/in und zu ihren Mitarbeitenden als deren Vorgesetzte
  • einem intrapersonalen Konflikt infolge des Umstandes, dass sie dank ihrer „Digital-Sozialisation“ und der Vertrautheit mit virtuellen Welten eine höhere Affinität zu ihren Mitarbeitenden empfinden, diese innere Nähe aber nur begrenzt ausleben können.

Konsequenz ist, dass die Babyboomer in der Führung und in der Personal- und Organisationsentwicklung dafür sorgen müssen, dass die Ypsiloner gezielt Lernen und Üben können, was sie benötigen, um zu allen Seiten, nach oben, unten, zur Seite, also hierarchisch, lateral, vernetzt kooperieren und führen zu können.

Diese Lernfelder kompetent zu besetzen und in den Funktionen Mentor, Coach, Erzieher, Autorität zu fungieren, eignen sich – trotz „Schwächen“ - gerade die (viel gescholtenen) Babyboomer. Denn sie sind Repräsentanten jener Alters- und Sozialisations-Kohorte, die in beiden Welten erzogen wurde, mit beiden Welten vertraut ist und entsprechende Fertigkeiten ausgebildet hat: in der analogen und in der digitalen.

Die seit Marc Prensky so genannten Digital Immigrants verfügen im Vergleich am ehesten über jene Fähig- und Fertigkeiten, die Entscheidungsträger und Leitende/ Führende benötigen, um eine Organisation zukunftsfähig zu halten bzw. zu machen. Zu diesem Fächer an Fähig- und Fertigkeiten gehört maßgeblich, dank Selbstreflexion und vielfältiger Erfahrungen eigene Defizite und daher Lernfelder zu identifizieren und entsprechende Aktivitäten folgen zu lassen.

Das Würstchen ist beim Hot Dog das eigentlich Schmackhafte. (Darauf machte mich ein Vortragsteilnehmer aufmerksam.) Die Ypsolner als Würstchen zwischen den Brötchenhälften sind sowohl für sich selbst als auch in der Beziehung zwischen Führen und Geführt-Werden einer besonderen Lage ausgesetzt, die das Charakteristikum eines Dilemmas annehmen kann. Solange Führung noch nicht vollständig an IT-Programme und Big Data-Analysten abgegeben ist, stehen die gegenwärtigen erfahrenen Führungspersonen in der herausgehobenen Verantwortung, den Ypsolern systematisch und immer wieder Gelegenheit dazu zu geben, Souveränität und Integrität zu entwickeln. Dieses Personal Mastery (Peter Senge) schließt persönliche Resilienz ebenso ein wie strategische und soziale Führungskompetenzen und zielt auf ein umfassendes Empowerment.

HR steht in der Pflicht, diese exponierte Aufgabe zu erkennen und als wesentlichen Aspekt von Führungshandeln zu ermöglichen. HR steht in der Pflicht, vorbereitend, flankierend und nachbereitend effektiv und systematisch zu unterstützen.

Dr. Regina Mahlmann
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